Herbstkonzert des Oratorienvereins: Interkultureller Anti-Kriegs-Opus beeindruckt zahlreiche Zuhörer
Das Herbstkonzert des Oratorienverein Plochingen stand ganz im Zeichen des Friedens und der Aussöhnung. Karl Jenkins “Friedensmesse “The armed man”, im Jahr 2000 uraufgeführt, ist den Opfern des Kosovokriegs gewidmet. Basierend auf der katholische Messliturgie sind im zeitgenössischen Werk Passagen aus anderen Religionen sowie szenische Erzählungen eingeflochten. Die Stadthalle war jüngst bis auf den letzten Platz gefüllt, die Besucher waren beeindruckt und für 80 Freikarten wurden Spender gefunden.
Das Stück basiert auf der Idee von Guy Wilson. Der Titel, übersetzt “Der bewaffnete Mann”, bezeichnet die wachsende Bedrohung eines Kriegs. Das Stück verdeutlicht die Schrecken des Kriegs und endet mit der Hoffnung auf Frieden. Dabei sind besinnliche Momente ins Werk eingestreut. So zum Beispiel das Rufen eines Muezzins, Schilderungen von Menschen, die den Krieg überlebt haben oder ein Auszug aus dem indischen Mahabharata.
Bereits am Eingang der Stadthalle verweisen Plakate, auf denen “Friede”, “Sanftmut”, “Veränderung” oder “Geduld” stand, auf die Thematik des Konzerts.
Andere Poster waren mit Friedenstauben bemalt und hingen teilweise von der Empore. Die Trommelgruppe des Lokalen Bündnis für Flüchtlinge Plochingen, darunter Menschen, die vor Krieg und Terror flüchteten, empfing die zahlreichen Besucher mit afrikanischen Trommelklängen.
Die Dirigentin Heidrun Speck begrüßte die Gäste und führte sie ins Werk ein, während ein Teil des Chores noch im hinteren Bereich der Stadthalle stand.
Zu Militärgetrommel stapften die Chormitglieder auf die Bühne, um den französischen Miliärmarsch “L´homme armèe” aus dem 15. Jahrhundert anzustimmen. Dieser endete und der Gebetsruf des Mueszzins, gesungen von Bassbariton Ahmet Gül, hallte von der Empore: “Gott ist groß. Kommt zum Gebet.”
Dem folgenden Kyrie, gesungen als gregorianischer Choral, verlieh die Sopranistin Constanze Seitz besonderen Ausdruck. Auf die Psalmen folgten der Sanctus. Das “Hosanna in der Höhe “ durchzog militärische Klänge. In ihm brach sich der Jubel von sich Mut zurufenden Soldaten vor der Schlacht. Es endete in düsterem Trommeldonner.
“Herr gib uns Kraft zum Sterben”, so die letzte Bitte der Soldaten.
Dem “Lobgesang vor der Schlacht” von Rudyard Kipling schloss sich mit Kriegstrompeten beginnend der Frauenchor an. Dieser blies zum Angriff: “Wie selig ist der, der für sein Vaterland stirbt. Angriff, Angriff”. Das Geschrei im Chor, die Schreie der Sterbenden auf dem Schlachtfeld widerspiegelnd, endete mit einer Stille.
Danach ertönte eine einsame Trompete, “The last Post” spielend – das Signal findet meist bei Begräbnissen von im Krieg gefallenen Soldaten des Commonwealth Verwendung. Das Leid beschreibend folgte ein Gedicht von Toge Sankichi, der als Augenzeuge den Abwurf der Atombombe über Hiroshima überlebte und zehn Jahre später an Leukämie verstarb.”Unzählige Menschen auf allen vieren. In einem Haufen glimmender Asche. Zerissenes Haar, starr im Tod. Ein Fluch liegt über den Land.”
Anschließend beschrieb ein Auszug aus dem indischen Epos Mahabharata das Leid der Tiere, die unschuldig in der Schlacht verbrennen.
Im Agnus Dei kehrte die Ruhe und Schönheit zurück: “Dona nobis pacem” – Gib uns Frieden. Das daran anschließende Stück ging den Fragen nach: Warum habe ich überlebt ? Kann ich ohne den gefallenen Freund weiterleben ? Die Cantilène im Benediktus wies auf die Erlösung hin, die im Hosanne endete.
Das Werk schloss mit dem Stück “ Besser ist Frieden” ab, in das Texte aus der Offenbarung eingearbeitet wurden: “Gott wird abwischen alle Tränen und der Tod wird nicht mehr sein.
Es läuteten die Friedensglocken, bevor das Stück mit einem tröstlichen, stillen Choral ausklang. Schließlich die Erkenntnis: “Frieden ist besser, als ständiger Krieg”.
Durch die Aufführung des Antikriegsstücks erinnerte der Oratorienverein daran, wie wichtig es ist, sich für Frieden einzusetzen.
Die Dirigentin beantwortete die Frage, was dabei zu tun sei, für den Oratorienverein mit den Worten des amerikanischen Komponisten und Dirigenten Leonard Bernstein:
“Die Antwort auf Gewalt ist, schöner zu musizieren, als je zuvor.”
Plochinger Nachrichten
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